Es sind nicht nur Verträge – in jedem Unternehmen fallen permanent relevante rechtliche Dokumente an. Sobald es um internationale Partnerschaften geht, wird es auch oft mehrsprachig. Die Übersetzung juristischer Texte ist aus mehreren Gründen besonders heikel. Und verlangt nach absoluten Profis.
Das bekannteste Beispiel ist rund 3.800 Jahre alt. Als eine französische Persien-Expedition im Winter 1901 die Stele mit dem Codex Hammurapi fand, war sie nicht nur auf einen der ältesten bekannten Gesetzestexte der Menschheit gestoßen, sie löste auch eine bis heute andauernde Diskussion über korrekte juristische Übersetzungen aus. Die babylonische Sammlung von Rechtstexten wurde und wird immer wieder neu übersetzt und interpretiert, und jede Version findet ihre Kritiker. Selbst die Frage des korrekten Konsonanten im Herrschernamen lässt die Expert:innen bis heute diskutieren. Die Gesetze, die Hammurapi I. den Babyloniern gab, finden heute keine Anwendung mehr. Doch ihre Rezeptionsgeschichte zeigt exemplarisch die Bedeutung der Übersetzung juristischer Texte.
Verträge und andere Rechtstexte stellen Übersetzerinnen und Übersetzer vor besondere Herausforderungen, die weit über die Sprachkenntnisse selbst hinausgehen und die das Engagement professioneller Dienstleister unabdingbar machen.
Herausforderung #1: Juristische Übersetzung hat auch juristische Folgen
Juristische Texte müssen verbindlich und so weit wie möglich auslegungssicher sein. Letzteres ist schon in den Originalversionen eine große Herausforderung – die noch deutlich größer wird, sobald es um Übersetzungen von Verträgen oder ähnlichen Dokumenten geht. Auf den Übersetzer:innen lastet daher der Druck, eine Sprachversion zu erstellen, die „wasserdicht“ ist und nicht zu späteren Rechtsstreitigkeiten führt. Noch mehr als bei anderen Textsorten spielt hier also auch die Haftungsfrage eine wesentliche Rolle. Für die Auftraggeber bedeutet das: Die Wahl des Übersetzungsbüros hat unmittelbare Auswirkung auf die Rechtssicherheit.
Herausforderung #2: Vertragsübersetzungen überschreiten auch Systemgrenzen
In verschiedenen Ländern gelten auch unterschiedliche Rechtssysteme beziehungsweise Rechtstraditionen. Das kann dazu führen, dass es für bestimmte Sachverhalte oder auch einzelne Begriffe in der fachlichen Zielsprache kein Äquivalent gibt. Ein klassisches Beispiel ist etwa der deutsche Begriff „Treu und Glauben“, der in vielen Rechtssystemen keine direkte Entsprechung hat und daher so umschrieben werden muss, dass er auch in der Zielsprache die gleiche rechtliche Bedeutung hat. Die Übersetzer:innen benötigen also neben exzellenten Sprachkenntnissen auch Wissen um die Rechtssysteme der jeweiligen Länder.
Herausforderung #3: Vertragssprache und Grammatik folgen eigenen Regeln
Wer nicht selbst Jurist oder Juristin ist, kennt wohl den Effekt: Juristische Texte haben eine eigentümliche Terminologie, die von der Alltagssprache mitunter deutlich abweicht. Es gibt nicht nur eigene Begriffe, sondern auch unterschiedliche Bedeutungen von im Alltag gängigen Begriffen. Selbst die Grammatik weicht oft von der im Alltag üblichen ab: In deutschen Rechtsdokumenten sind etwa die sonst verpönten Schachtelsätze gang und gäbe, da die Eindeutigkeit des Inhalts wichtiger ist als die sprachlich schöne oder gut lesbare Formulierung. Das ist etwa in englischen Rechtstexten weit weniger der Fall, weshalb die Schachtelsätze bei der englischen Übersetzung eines Vertrags oft in kürzere Einheiten zerlegt werden müssen.
Herausforderung #4: Auch im kulturellen Kontext gibt es Fallstricke
Jedes Rechtssystem ist auch ein Kind seines kulturellen Hintergrunds. Den muss man kennen, um zuverlässig für eine professionelle Vertragsübersetzung sorgen zu können.
Ein klassisches Beispiel dafür ist etwa das im Deutschen übliche Gendern. Genderzeichen oder komplexe gendergerechte Formulierungen sind in Sprachen wie der Arabischen unüblich und können daher bei Unkenntnis der Verhältnisse zu Problemen führen. Vice Versa müssen Übertragungen vom Arabischen ins Deutsche diese Formulierungen enthalten, um nicht diskriminierend zu sein. Interessant ist zum Beispiel auch, dass das angloamerikanische Recht nicht zwischen Eigentümer, Inhaber und Besitzer unterscheidet – bei der Übersetzung aus der englischen Sprache ins Deutsche muss als klar sein, wie man mit dem Begriff „owner“ umzugehen hat.
Selbst die Tonalität kann für die andere Vertragspartei entscheidend sein. In deutschen Verträgen werden Verpflichtungen, Klauseln oder auch Strafandrohungen sehr direkt formuliert und als das benannt, was sie sind. In asiatischen Kulturen wie der japanischen oder chinesischen ist es üblich, „diplomatischer“ zu formulieren. Höflichkeit mit juristischer Genauigkeit zu kombinieren, kann also ebenfalls Aufgabe der Übersetzer:innen sein.
Verträge übersetzen lassen – aber von den Richtigen: So finden Sie das passende Übersetzungsbüro
Unternehmen, die Bedarf an juristischen Übersetzungen haben, müssen die Wahl des Dienstleisters gut planen. Es gibt Kriterien, anhand derer diese Wahl einfacher wird.
Haben die Übersetzer:innen auch Rechts-Kompetenz?
Wer sich zutraut, juristische Dokumente zu übersetzen, muss zwei Voraussetzungen mitbringen: muttersprachliche und interkulturelle Kompetenz einerseits, tiefes juristisches Fachwissen andererseits. Nur Dienstleister, die diese Doppelqualifikation anbieten können, sollten Hand an dieses Thema legen. Es empfiehlt sich, entsprechende Referenzen einzufordern beziehungsweise Empfehlungen aus anderen Unternehmen einzuholen, die bereits gute Erfahrungen gemacht haben. Auch Probeübersetzungen einzufordern, kann Klarheit schaffen.
Kann der Dienstleister Zertifizierungen und Referenzen vorweisen?
Im Zusammenhang mit juristischen Übersetzungen können Haftungsfragen auftauchen. Für Unternehmen ist daher wichtig, sich auch diesbezüglich abzusichern. Übersetzungspartner sollten unbedingt nach DIN EN ISO 17100, möglichst auch nach ISO 9001 zertifiziert sein. Besonders heikel sind beglaubigte Übersetzungen, also solche, die bei Behörden oder bei Gerichten vorgelegt werden sollen. „Normale“ Dienstleister sind für solche Beglaubigungen nicht befugt, es bedarf Übersetzer:innen, die entsprechend vereidigt sind. Unternehmen sollten daher auch darauf achten, ob das Übersetzungsbüro über entsprechend befugte Mitarbeiter:innen verfügt.
Welche Technologien setzt das Übersetzungsbüro ein?
Der Einsatz von Technologie ist aus moderner Übersetzertätigkeit nicht mehr wegzudenken. Bei juristischen Übersetzungen ist eines allerdings klar: Maschinelle Übersetzung ist hier ein absolutes No-go. Ob mit oder ohne Post-Editing: Keine KI ist auch nur annähernd in der Lage, die spezifischen Anforderungen in diesem Bereich zu erfüllen. Andere Technologien hingegen sind auch hier äußerst hilfreich.
Translation Memory: Translation-Memory-Systeme sind Teil der CAT-Tools professioneller Dienstleister. CAT steht für „Computer Aided Translation“ und umfasst alle Formen maschineller Unterstützung für juristische Fachübersetzer:innen. Ein Translation Memory ist eine Art automatisiertes Glossar: Sobald die Fachübersetzung eines Begriffs oder auch einer ganzen Phrase im Originaldokument als zutreffend definiert ist, wird dies im System gespeichert. Wenn Wort oder Phrase erneut auftauchen, schlägt das System die fachgerechte Entsprechung in der Zielsprache automatisch vor. Das führt zu Zeitersparnis beim Dienstleister und damit auch zu geringeren Kosten. Vor allem bei juristischen Texten wird jeder einzelne Vorschlag des Translation Memory selbstverständlich überprüft und bei Bedarf überarbeitet, bevor er übernommen werden kann.
Terminologiedatenbanken: Viele Unternehmen führen selbst Glossare für rechtlich relevante Begriffe, die in ihren Dokumenten immer wieder vorkommen. Gute Übersetzungsdienstleister bieten an, dieses Glossar in ihre aktuelle Arbeit zu integrieren. Und es bei Bedarf gemeinsam mit dem Kunden zu erweitern, sobald neue Begriffe auftauchen. Angesichts möglicherweise mehrdeutiger Begriffe wird natürlich auch hier jeder Einzelfall manuell überprüft.